Bei schönstem Wetter nahmen wir nicht nur Abschied von Göhren, sondern auch voneinander. Ulli wollte sich die lange Tour heute nicht antun und fuhr mit dem "Rasenden Roland", einer historischen Eisenbahn , die seit 1895 die Strecke zu den Seebädern auf Rügen fährt, nach Putbus. Das Wasserfassen und Rangieren der alten Dampflok brachte nicht nur meine Augen zum Leuchten, sondern fast alle männlichen Fahrgäste wollten mal einen Blick durch die geöffneten Türen der Dampflok werfen. Mit lautem Pfeifen setzte sich der Zug in Bewegung, während ich mich mit dem Rad über Lobbe und Middelhagen nach Moritzdorf in Bewegung setzte. Dort gibt es eine Ruderbootfähre, die auch Fahrräder mitnimmt. Über den Berg nach Seedorf mit einer Brücke, die nur für Fussgänger und Radfahrer erlaubt ist, und weiter entlang von Großsteingräbern nach Groß Stresow und Muglitz. Ein sehr schöner und schmaler Weg führte dann durch herrliche Natur nach Lauterbach, und nur wenige Kilometer weiter kam ich etwa gleichzeitig mit Ulli am Bahnhof in Putbus an. Der "Rasende Roland" braucht für die 24 km eine gute Stunde, aber vor 100 Jahren waren 30 km/h wohl wirklich so schnell, dass er diesen Namen bekam.
Gemeinsam durchquerten wir Putbus mit dem einzigen Theater Rügens und fuhren dann durch schöne Landschaft Richtung Garz, der ältesten Stadt Rügens (seit 1316). Da wir nicht wieder über Stralsund aufs Festland wollten, sondern die Fähre nach Stahlbrode nehmen wollten, ging es von Garz aus südlich über kleine Strässchen nach Dumsevitz und weiter nach Groß Schoritz. Die große Hitze forderte ihren Tribut, das Wasser war uns ausgegangen. So fragten wir kurzerhand im Geburtshaus Ernst Moritz Arndts nach Wasser und wurden im benachbarten Kunstlädchen fündig. Herrlich gut ... einfach nur Wasser! E.M.Arndt wurde am 26.12.1769 hier geboren und wurde durch die französische Revolution beeinflusst zum Gegner der Leibeigenschaft. 1803 verfasste er sein Werk "Versuch einer Geschichte der Leibeigenschaft", musste daraufhin nach Schweden fliehen und setzte sich dann als Privatsekretär des Freiherrn von Stein für die Einheit Deutschlands ein. 1848 wurde er Abgeordneter der Deutschen Nationalversammlung in Frankfurt und war als Schriftsteller und Historiker tätig. 1860 verstarb Arndt in Bonn.
Die Fähre ersparte uns 35 km Umweg über Stralsund und brachte uns schnell aufs Festland. Leider ging der Ostseeküstenradweg ab Reinberg fast die gesamten restlichen 24 km nach Greifswald auf der parallel zur neuen Straße führenden mit Kopfstein gepflasterten alten Straße. Irgendwann spürten wir beide unseren Allerwertesten nicht mehr, landeten aber dann doch noch in unserem super Hotel. Die Greifswalder feierten ein Sommerfest, alle Geschäfte waren geöffnet und es gab jede Menge Musik und Spaß. War das etwa für uns?
Greifswald ist ebenfalls eine Hansestadt, dessen historische Gebäude allerdings durch rechtzeitige Kapitulation weitgehend unzerstört blieben. Wir besuchten den Marktplatz mit seiner Backsteingotik, die Kirchen, und schließlich aßen wir am Hafen auf einem ehemaligen Fischkutter zu Abend. Greifswald ist Universitätsstadt, viele junge Menschen geben dieser Stadt ein sympathisches Gesicht. Leicht vergißt man dabei das nur wenige Kilometer vor den Toren gelegene Atomkraftwerk. Auch wenn wir über die Strombörse letztlich einen großen Teil unseres Stroms doch aus französischen Atomkraftwerken beziehen, ich hoffe, dass bei uns diese Dinger für immer verschwinden und auch eine umweltverträgliche Lösung für den Atommüll gefunden wird.
Bahnhof in Göhren |
Dampflokomotive - Männertraum |
Ruderbootfähre |
schönes Reethaus |
Geburtshaus Ernst-Moritz Arndt |
Kunstladen - unser Wasserspender |
Fähre nach Stahlbrode |
Marktplatz Greifswald |
historische Backsteingotik |
Studentenstadt Greifswald |
unser Lokal beim Abendessen |
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